Fakten

Kleinbäuerliche Landwirtschaft und Nothilfe

Weizenimporte in den Globalen Süden richten nicht per se Schaden an, haben aber in Subsahara-Staaten einen negativen Einfluss auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft. Dies gilt besonders für West- und Zentralafrika. In afrikanischen Staaten, insbesondere in den Städten, wurde in den letzten Jahrzehnten vermehrt Weizen konsumiert. Lokale standort-angepasste Getreidesorten, wie Hirse und Sorghum stehen in indirekter Konkurrenz zu den importierten Weizenprodukten. Oft findet vor Ort auch keine Wertschöpfung zum Beispiel durch eigene Mühlen im eigenen Land statt. Kleinbäuer*innen im Globalen Süden werden vom Markt verdrängt und haben keine anderen Einkommensmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass es in einigen betroffenen Staaten kein ausreichendes Sozialsystem gibt, welches diese Landwirt:innen auffangen könnte. Folge hiervon sind unter andere, Landflucht und Migration.

Die Exporte sind unabhängig von der Sofort- oder Nothilfeversorgung. Diese kommt bei Krisensituationen zum Einsatz und kann die Versorgung mit Lebensmitteln beinhalten. Die Hilfe ist nur kurzfristig und hat keinen direkten Einfluss auf den Export. In den meisten Fällen werden die Hilfsgüter im Land selbst oder in der Region beschafft. Nur wenn es dort Engpässe oder zu starke Preissteigerungen gibt, werden Ausschreibungen in anderen Ländern gemacht.

Weizenexporte aus Mecklenburg-Vorpommern

Vor und Nachteile MV.png

Ein großer Teil des Weizens, der Deutschlands Grenzen über Mecklenburg-Vorpommern verlässt, geht per Schiff nach Saudi-Arabien. Der Export dorthin ist in den letzten Jahren gestiegen. Andere Länder, wohin der Weizen aus MV direkt transportiert wird, sind unter anderem Iran, Südafrika, Sudan, Algerien und Marokko. Geringere Anteile werden auch in westafrikanische Staaten exportiert, wie Guinea und Nigeria zum Beispiel.

Südafrika

Ein in den letzten Jahren steigender Anteil wird nach Südafrika exportiert, wo es eine erhöhte Nachfrage nach Weizen gab. Der importierte Weizen steht in indirekter Konkurrenz zu lokalen Getreidesorten wie Mais oder Sorghum.

Weizen ist wetteranfälliger und nicht an den Standort Südafrika angepasst. Demnach sind die Erträge auch geringer. In Südafrika gibt es keine (Flächen-)Subventionen für Landwirt:innen. Dadurch sind diese auf dem freien Markt einem hohen Konkurrenzdruck ausgesetzt. Es gibt einen Trend zu Megafarming. Heute gibt es nur noch 35.000 landwirtschaftliche Betriebe, 1996 waren es noch circa 60.000. Die Fläche pro Betrieb vergrößert sich. Es gibt insgesamt weniger Betriebe, aber steigende Bevölkerungszahlen. Durch die vom südafrikanischen Staat durchgeführten Landreformprojekte hat sich die Lage nicht unbedingt verbessert. Das umverteilte Land bietet den Landwirt:innen nicht genug finanzielle Sicherheit, da sie selbst nur Nutzungsrechte besitzen und dadurch keine Kredite aufnehmen können. Aus diesem Grund bleibt es oft nur bei der Subsistenzlandwirtschaft oder eine Belieferung des informellen Marktes.[1]

Der Weizenanbau in Südafrika ist im Western Cape angesiedelt. Hier fand eine Intensivierung der Landwirtschaft statt. Durch das sehr starke El-Niño-Ereignis 2015 verschlechterte sich die Ernte in Südafrika deutlich. Selbst Mais musste importiert werden. Große Mengen an Weizen wurden von 2015-2017 auch aus Deutschland importiert.[2]

Vor und Nachteile Globaler Süden 2.png

Nordafrika

Ein Land, in das auch Mecklenburg-Vorpommern Weizen exportiert, ist Algerien. In Algerien ist die Situation ähnlich wie in Ägypten. Die Bevölkerung wächst weiterhin an und der Bedarf steigt. Die eigene Nachfrage kann nicht gestillt werden. Durch die Errichtung von regionalen Agrarzentren oder Zuschüsse und Kredite für Investor*innen soll ein höherer Grad an Selbstversorgung erreicht werden. Auch gibt es temporäre Einfuhrverbote für bestimmte Produkte als Maßnahme für eine autonomere Wirtschaft.[3] Allerdings steht hier nicht die kleinbäuerliche Landwirtschaft im Fokus, sondern agrarindustrielle Großprojekte. [4]

Welche Fragen müssen wir uns stellen?

Bei den relevanten Ländern müssen bestimmt Aspekte betrachtet werden, um ein Verständnis für den Impact von Importen zu bekommen. Zum Beispiel: Inwieweit der Handel mit einem Rückgang der lokalen Lebensmittelproduktion zusammenhängt und ob der importierte Weizen in Konkurrenz zu lokalen Getreidesorten steht. Eine andere Frage ist, ob es in den angesprochenen Ländern Ansätze dafür gibt, den lokalen Anbau und die Vermarktung zu fördern. Nicht überall können, ökologisch und ökonomisch sinnvoll, bestimmte Produkte in den geforderten Mengen angebaut werden. Wenn es, zum Beispiel einen höheren Bedarf an Weizen gibt, kann das Land selbst, eingeschränkt durch geographische Gegebenheiten, dieser Nachfrage nicht nachkommen. Wie kann diese Nachfrage gestillt werden ohne die lokale Wirtschaft zu untergraben?

In vielen Ländern jedoch, die von Weizenimporten abhängig sind, besteht der Wunsch nach einem höheren Grad der Selbstversorgung und mehr Wertschöpfung im eigenen Land, wie zum Beispiel in Ägypten und Algerien. Negative Handelsbilanzen belasten den Staatshaushalt. Hinzu kommt, dass höhere Rohstoffkosten einen größeren Einfluss auf Länder des Globalen Südens aufgrund des niedrigeren Verarbeitungsgrades und der geringeren Lohnkosten dort haben. Es stellt sich zudem die Frage, wer den Weizen konsumiert. So wird Weizen in einigen Ländern hauptsächlich von dem ärmeren Teil der Bevölkerung gebraucht, während er in anderen Ländern als Tierfutter verwendet wird. Natürlich muss in dem untersuchten Land auch die Kaufkraft bedacht werden. Wenn die Bevölkerung nicht genug Kaufkraft hat, um sich Grundnahrungsmittel zu leisten, muss die Regierung Grundnahrungsmittel subventionieren, um die Lebensmittelversorgung zu gewährleisten.

Chancen

Ein Ziel für die zukünftige Gestaltung der Landwirtschaft kann sein, regionale Wertschöpfung zu stärken. Momentan sind die Bedingungen für eine regionale Vermarktung von Getreide ungünstig.

In MV gibt es keine ausreichenden Strukturen hierfür sodass Bio-Getreide unter anderem auch konventionell vermarktet werden muss. Diese Struktur könnte ausgebaut werden. Besonders da Lieferkette von Bio-Getreide besser nachzuvollziehen ist.

Auch kann eine stärkere Einbindung von Eiweißpflanzen in die Fruchtfolge (was auch schon gemacht wird) sinnvoll sein.

Eine weitere Möglichkeit ist die Förderung von Forschung in Ländern des Globalen Südens durch Austausch- oder Partnerschaftsprojekte. Zum Beispiel können standortangepasste Pflanzen in den jeweiligen Ländern durch Züchtung verbessert werden. Wichtig ist hier ein Austausch auf Augenhöhe.

Notwendig ist natürlich auch ein stärkeres Bewusstsein der Verbraucher*innen für den Konsum regionaler Produkte. Wir brauchen eine stärkere Nachfrage nach regionalen Produkten, damit es sich für die Produzent:innen lohnt regional zu vermarkten.

Quellen

[1] Vgl.: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/branchen/branchenbericht/suedafrika/fuer-suedafrikas-landwirtschaft-geht-es-etwas-aufwaerts-17546, letzter Zugriff 19.11.2020.

[2]Vgl.: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bericht zur Markt- und Versorgungslage: Getreide 2018, S. 40.

[3] Vgl.: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/branchen/branchenbericht/algerien/ausbau-der-nahrungsmittelproduktion-geplant-539884, letzter Zugriff am 16.10.2020.

[4] https://web.archive.org/web/20190421081707/https://oxfordbusinessgroup.com/analysis/go-large-focus-mega-farms-speed-development, letzter Zugriff am 08.12.2020.

1

Regionale Wertschöpfungsketten

Wir brauchen stärkere Stadt-Land-Verbindungen und ausgebaute regionale Vermarktungskonzepte sowie mehr regionale Verarbeitungs- und Veredlungsmöglichkeiten.

2

Faire Handelsbeziehungen

Wir müssen uns auf europäischer Ebene für gerechte Handelsbeziehungen einsetzen. Auch in unserer Region können wir z. B. durch landwirtschaftliche Partnerschaftsprojekte in den Austausch mit Menschen im Globalen Süden treten und regionale Lösungen vor Ort finden.

3

Transparente Lieferketten

Die gesamte Wertschöpfungskette nachzuvollziehen ist schwierig. Oft kennen die Produzent:innen und Händler:innen nur das nächste Glied in der Kette und haben keinen Einfluss darauf, wo das Produkt am Ende landet. Statistisch ist nicht nachzuvollziehen, wo ein Produkt endkonsumiert wird und welche Produktionsschritte es wo vorher durchlaufen ist.